Heute war es kalt und regnerisch. Ich lief bis Ladenschluss durch die Berliner Geschäfte und konnte viel erledigen. Um 20 Uhr war dann auch ich erledigt, nass (ich hatte keinen Schirm) und sehr, sehr hungrig. Denn ich hatte auf ein Mittagessen verzichtet.
Spontan ging ich in das indische Restaurant BOMBAY, an dem ich gerade vorbeikam, und aß ein veganes Gemüsecurry. Das entspannte mich.
Mein Kellner war sehr aufmerksam. Er fragte dreimal freundlich nach, ob ich zufrieden sei, und gab mir den Tipp, langsam und mit geschlossenen Augen zu kauen. Dann würde es noch besser schmecken.
Das Geschmacks-Experiment
Ich schaute mich um: Das Restaurant war Gott sei dank recht leer. Also dachte ich: „Warum nicht?“ und folgte ich dem Rat meines sympathischen Kellners. Ich schloss die Augen, nahm den ersten Bissen in den Mund und siehe da: Er hatte Recht. Hmmm, es war eine regelrechte Geschmacksexplosion!
Die Erbsen, Möhren & der Blumenkohl waren plötzlich viel leckerer! Und die Soße war ein Gedicht! Eine warme, angenehme Schärfe, mit dem süßen, fruchtigen Geschmack von … Mango? Toll, das hatte ich vorher gar nicht wahrgenommen. Eine besondere Erfahrung!
Ich nahm kleinere Portionen auf die Gabel, um die einzelnen Zutaten genauer zu analysieren. Ich ließ mir beim Essen mehr Zeit als sonst. Ich ließ mich durch fast nichts ablenken. Und je länger ich kaute, desto mehr entfalteten sich die Aromen… Toll! Manchmal schmeckt das Leben einfach köstlich!
Dann erinnerte ich mich an meinen Besuch im Dunkelrestaurant. Damals ging es mir genauso: Ich sah nichts, aber ich hatte immer die Sicherheit, genau zu schmecken, was ich aß. Und zwar ein sehr leckeres Drei-Gänge-Menü. Faszinierend, oder?
Ein toller Mann und ein leckerer Yogitee
Nachdem ich aufgegessen und meine Mails gecheckt hatte bezahlte ich, zog meinen Mantel an und ging zum Ausgang. Zu meiner Überraschung erwartete mich mein Kellner an der Tür. Er hielt sie mir auf und überreichte mir einen Becher mit heißem Yogitee: „Für Sie zum Aufwärmen. Weil es draußen heute so kalt ist“, sagte er.
„Wow, danke“, erwiderte ich hocherfreut. Doch mir war gar nicht kalt, sondern warm ums Herz. Dank ihm. „Ein toller Mann“, dachte ich und ging mit einem Lächeln auf dem Gesicht zur S-Bahn. Dort angekommen, trank ich diesen Yogitee natürlich mit geschlossenen Augen: Er schmeckte mindestens doppelt so gut wie alle vorherigen Yogitees in meinem Leben.
„Wer sehen will, muss die Augen schließen“, sagte schon Paul Gauguin.